GRÜNDERPORTRAIT # 20: Unternehmensnachfolge IBH IT-Service GmbH - GRÜNDER BERICHTEN
28.04.2021
Interview mit Sandra Zander und Prof. Dr. Thomas Horn - IBH IT-Service GmbH
IHK: Herr Prof. Dr. Horn, Sie haben das Unternehmen 1991 gegründet. Gab es zu dieser Zeit bereits umfassende Beratungsangebote für Existenzgründer?
Herr Prof. Dr. Horn: Nein, zu dieser Zeit gab es keine Angebote. Ich, aber auch andere Existenzgründer, wussten zu dieser Zeit noch nicht einmal, dass es eine IHK gab. Erst Jahre später wurden wir IHK-Mitglied. Man muss aber auch sagen, dass ich die Firma zuerst als freiberufliches Ingenieurbüro gegründet habe und erst 1996 erfolgte die Umgründung in eine GmbH.
IHK: Sandra Zander, Sie sind gemeinsam mit dem Unternehmen (auf-)gewachsen. Wie haben Sie die Gründungszeit des Ingenieurbüros Prof. Dr. Thomas Horn (IBH) mitverfolgt?
Sandra Zander: Es lief alles immer strukturiert und geplant ab. Kleine Hilfsarbeiten durften wir frühzeitig mit übernehmen, wie Schulungsmaterialien sortieren und binden. Aus heutiger Sicht weiß ich, dass sicher viele Herausforderungen und auch schwierige Situationen zu meistern waren.
IHK: Die Nachfolge haben Sie nach meinem Kenntnisstand viele Jahre im Voraus geplant. Wie lange haben Sie sich auf die Gründung des Unternehmens vorbereitet?
Prof. Dr. Thomas Horn: 3 Monate. Die Idee kam zum Jahreswechsel 1990/1991. Die Eintragung in das Gewerberegister erfolgte am 15.3.1991 und der Start war am 1.4.1991. Eine längere Vorbereitungszeit hätte auf die Gründung keine Auswirkung gehabt.
IHK: Was waren die größten Herausforderungen?
Prof. Dr. Thomas Horn: 1991 war es de facto unmöglich, Gewerberäume anzumieten. Deshalb erfolgte 1991 die Gründung in der eigenen Wohnung. Erst 1993 konnten wir eine Gewerbeeinheit im TechnologieZentrum anmieten.
Das zweite Problem war die Finanzierung. Es war fast unmöglich, Kredite zu erhalten. Unsere spätere Hausbank sagte uns noch 1992: "Was Sie da machen wollen, verstehen wir nicht. Wenn Sie Tontöpfe herstellen würden, könnten Sie einen Kredit bekommen."
IHK: Wann haben Sie mit der Nachfolgeplanung begonnen?
Prof. Dr. Thomas Horn: Angefangen haben wir mit der Planung der Unternehmensnachfolge bereits 2008. Meine Tochter wurde damals nach fast 5 Jahren "Einarbeitung" in das Unternehmen Prokuristin. Gleichzeitig haben wir das Unternehmen von "IBH Prof. Horn GmbH" in die "IBH IT-Service GmbH" umbenannt. In den ersten Jahren nach der Wende haben wir Geschäfte überwiegend über die Bekanntheit von meiner früheren Tätigkeit in der TU Dresden gemacht. 18 Jahre später war dieser "Bonus" nicht mehr so gegeben. Außerdem sollte der Unternehmensgegenstand durch den Firmennamen stärker in den Vordergrund gerückt werden.
Als meine Tochter sich dann entschieden hatte, die Firma später fortzuführen, wurde sie Geschäftsführerin, so dass wir uns die Geschäftsführung geteilt haben. Damit war dann auch die Basis vorhanden, die Geschäftsführung 2018 komplett an meine Tochter zu übergeben.
IHK: Welche Herausforderungen sind Ihnen auf dem Weg zur Nachfolge begegnet?
Sandra Zander: Die Prozesse auf mich umzustellen, da mein Vater und ich verschiedene Voraussetzungen haben. Auch meinen eigenen Stil zu finden und zu lernen meinen Weg unbeirrt zu gehen und dabei dennoch Menschen zu finden, die mir Unterstützung geben.
IHK: Wie konnten Sie denen begegnen? Gab es Unterstützung durch die IHK oder externe Berater?
Sandra Zander: Durch eigene Motivation und eine Vision die man selber verfolgt. Dabei gab es viel Unterstützung, vor allem durch meine Familie. Auch externes positives Feedback, wie durch die IHK, hat mich stets motiviert.
IHK: Wie haben Sie den Nachfolgeprozess empfunden?
Prof. Dr. Thomas Horn: Sehr, sehr angenehm. Ich darf ja immer noch im Unternehmen als Prokurist arbeiten und kann mich um anspruchsvolle Projekte kümmern.
IHK: Wann stand für Sie fest, die IBH IT-Service GmbH zu übernehmen?
Sandra Zander: Das war ein schleichender Prozess. Eines Tages merkt man einfach, dass man nicht möchte, dass die Firma verkauft oder geschlossen wird.
IHK: Wie lange waren Sie vor der Übernahme im Unternehmen tätig?
Sandra Zander: Seit 2007, ich habe als "normaler" Mitarbeiter im Einkauf angefangen und habe auch den Vertrieb, Service und Buchhaltung durchlaufen.
IHK: Wie haben Sie den Nachfolgeprozess empfunden?
Sandra Zander: Mit Höhen und Tiefen. Anfangs war es sehr schwierig. Die größte Herausforderung lag gegenüber den eigenen Ansprüchen. Es gab viele Mitarbeiter die die Weiterführung positiv sahen und auch viel Verung mitübernommen haben. Leider gab es auch einige, die es nicht mitgetragen haben, dies muss man lernen zu akzeptieren und daraus Chancen entwickeln.
IHK: Prof. Dr. Thomas Horn, konnten Sie im Rahmen Ihrer Existenzgründung auf familiäre Unterstützung zählen?
Prof. Dr. Thomas Horn: Ja, der Entschluss wurde gemeinsam mit meiner Frau gefällt.
IHK: Konnte Ihre Tochter im Rahmen der Unternehmensnachfolge auf familiäre Unterstützung zählen?
Prof. Dr. Thomas Horn: Das war ja selbstverständlich, dass man sich für seine Tochter hier engagiert, letztlich auch deutlich mehr, als man das sicher bei einem Erwerb des Unternehmens durch einen Dritten machen würde. Auch meine Frau, die frühere Prokuristin, hat meine Tochter hier sehr unterstützt.
IHK: Haben Sie den Eindruck, dass es heute einfacher ist, ein Unternehmen zu gründen?
Prof. Dr. Thomas Horn: Ich glaube, es ist nicht einfacher geworden. Damals 1994 waren wir "Pioniere" für das Internetgeschäft in Sachsen. Wir sind der älteste sächsische Internetprovider in Sachsen. Die Gründung eines Unternehmens mit unserem Unternehmensgegenstand halte ich heute für fast unmöglich, denn der Markt ist aufgeteilt. Man stellt heute eine immer größer werdende Konzentration unseres Geschäftsfeldes auf wenige Großunternehmen fest, die auch gern IBH kaufen möchten. Andererseits sinkt durch die Globalisierung auf die großen Player die Servicequalität. Von dieser damit einhergehenden wachsenden Unzufriedenheit profitieren wir als IBH, denn die Kunden wollen eine qualitativ hochwertige und persönliche Betreuung.
In anderen Geschäftsfeldern, wo es noch keine großen Player gibt, mag das alles anders sein.
IHK: Was hat sich Ihrer Meinung nach in diesem Zusammenhang verändert?
Prof. Dr. Thomas Horn: In etablierten Geschäftsfeldern ist eine Gründung nahezu unmöglich geworden, wenn man nicht über ein größeres Eigenkapital verfügt. Es geht nahezu kaum noch ohne den Aufkauf eines am Markt schon etablierten Unternehmens.
IHK: Sandra Zander, was sind Ihrer Meinung nach Vorteile einer Unternehmensnachfolge im Vergleich zur Gründung?
Sandra Zander: Man kann auf einer stolzen Firmengeschichte aufbauen, viele Prozesse sind etabliert und die Geschäftsfelder existieren bereits. Nachteilig ist, dass man schon mit einer großen Verung einsteigt. Die Mitarbeiter haben große Erwartungen und man steht gerade am Anfang unter genauer Beobachtung. Man darf keine Scheu davor haben, dass nicht alle Mitarbeiter den neuen Weg mitgehen. Wenn diese Mitarbeiter gehen, ist es eine große Chance für Alle, die man wahrnehmen muss.
IHK: Denken Sie die Unternehmensführung ist seit der Unternehmensgründung anspruchsvoller geworden? Wenn ja, woran machen Sie das fest?
Sandra Zander: Ja, die Gesellschaft hat sich verändert. Langjährige Unternehmenszugehörigkeit wird in der Gesellschaft eher negativ gesehen. Aber auch die Kundenbindung an einen Dienstleister ist nicht mehr so eng. Es fehlt der sogenannte Pioniergeist. Die Mitarbeitergewinnung und das Halten der Mitarbeiter ist wesentlich zeitintensiver geworden. Die Qualität der heutigen Ausbildung ist zudem eher kritisch zu sehen.
IHK: Prof. Dr. Thomas Horn, gibt es Herausforderungen die Ihnen damals und Ihrer Tochter noch heute begegnen?
Prof. Dr. Thomas Horn: Die Suche nach geeigneten Mitarbeitern war schon zu meiner Anfangszeit nicht einfach. In der heutigen Zeit hat sich dieses Problem nicht gebessert. Besonders die immer komplexeren Strukturen erfordern gut geschultes Personal.
IHK: Können Sie heutigen Gründern Tipps für ein erfolgreiches Bestehen am Markt geben?
Prof. Dr. Thomas Horn: Wichtig sind neue Geschäftsideen und Kreativität. Man sollte seine Ideen auch gut sichern, gegebenenfalls durch Patente. Die Gefahr, durch globale Player schnell aufgekauft zu werden, ist groß.
IHK: Sandra Zander, gibt es Tipps, die Sie Nachfolgeinteressierten mit auf dem Weg geben können?
Sandra Zander: Die Nachfolge in einem Unternehmen anzutreten ist etwas Tolles, auch wenn viele Hürden zu meistern sind. Das Gefühl eine großartige Mannschaft hinter sich zu haben, mit der man seine Visionen umsetzen kann, ist einzigartig. Man hat so viel mehr Unterstützung als man anfangs vermutet.